Es geht weiter! Jetzt wird’s erst richtig spannend. Unerwarteterweise musste ich mich während meines 3-wöchigen weihnachtlichen Abstechers in die Heimat entscheiden, ob ich meine bisher untervermietete Wohnung behalte oder aufgebe - mein Zwischenmieter zieht aus. Ich habe mich dazu entschieden, meine tolle Altbauwohnung in der Kölner Südstadt aufzugeben und mein letztes Hab und Gut auszumisten bzw. einzulagern oder zu verkaufen. Mein Boot ist nun mein Zuhause.

Entscheidung zum Leben auf dem Boot

Ich halte meine Entscheidung für konsequent. Trotz aller Probleme letztes Jahr habe ich den Wunsch, weiter auf meinem Segelboot zu leben. Das Leben nah am Draußensein, in der Natur, auf dem Wasser und am Strand ist ein Geschenk, welches ich annehmen möchte. Das Leben in einer Wohnung bzw. Stadt bietet viele Vorteile, Bequemlichkeiten und Möglichkeiten. Nichtsdestotrotz erinnere ich mich daran, dass mir das ein oder andere Mal in Köln die Decke auf den Kopf gefallen ist, mich das starre Gebundensein betrübte. Es ist wieder Zeit, meiner inneren Stimme zu folgen. Ich mag es, unterwegs zu sein, neue Orte und Menschen zu entdecken, Sprachen zu lernen. Zu gehen, wenn ich gehen möchte und zu bleiben, wenn ich bleiben möchte. Reduziert auf das Wesentliche. Diese Freiheit und Chance gibt mir Emvula. Ein Nomadenleben an Bord.

Land adé, Meer ahoi!

Da ich nur über Weihnachten und Neujahr in Deutschland war, musste ich neben den Feierlichkeiten kurzerhand meine zugestellten Keller räumen, Sachen ausmisten, Hochbeete auf dem Balkon abbauen und mich um organisatorische Dinge wie Sperrmüll und Verkäufe von Möbeln kümmern. Melde ich mich komplett ab oder behalte ich noch eine Adresse? Diese Frage muss ich noch für mich beantworten, Vor- und Nachteile abwägen. Aber bis Ende März muss ich mich entschieden haben.

Es ist schon erstaunlich, wie viel man an Gerümpel besitzt. Sich zu trennen fällt schwer, dabei ist die Trennung auch gleichzeitig eine Befreiung. Beim Ausräumen stellt man immer wieder fest, wie viel man doch über Jahre hinweg gehortet hat und dass man sich nicht trennen konnte. Ich habe z. B. seit Jahren die alte Rücksitzbank meines abgemeldeten Bullis im Keller stehen. Schon damals hatte ich erfolglos versucht, diese über Kleinanzeigen zu verticken. Jetzt kommt sie halt weg. Watt fott es, es fott - wie der Rheinländer zu sagen pflegt. Nichts bleibt mehr im Hinterkopf, nichts belastet beim Anblick mit Fragen wie “wo soll das eigentlich hin, habe ich da jemals wieder Verwendung für?”. Weniger ist mehr.

Träumereien für die Zukunft

Segeln ist einfach gut. Ich liebe es, auf dem Wasser zu sein, Eins mit dem Meer und der unendlichen Weite. Die Erlebnisse beim Einhandsegeln nur mit mir selbst, meinem Boot und den Kräften der Natur sind einzigartig. Ich ziehe trotz aller Probleme, Herausforderungen und offenen Baustellen so viel Kraft daraus, dass ich es einfach nicht lassen kann. Ich habe mir in der teils trüben Herbst- und Winterzeit in Leixões immer wieder die Frage gestellt, ob es das jetzt ist. Ob ich so weiter machen will. Und ich will. All die Widrigkeiten sind es mir Wert. Es ist eine Sucht.

Amos Groth fotografiert Tapete mit Brasilien auf Atlas auf seinem Segelboot Emvula

Ich schließe meine Augen und drifte ab: Ich sehe Madeira, die Kanaren, Westafrika, Kapverden, eine Atlantiküberquerung nach Brasilien und die Erkundung von Südamerika mit Emvula. Wenn ich ganz in diesen Träumen versinke, sehe ich die Überquerung des Pazifiks bis zu den pazifischen Inseln und nach Neuseeland. Ich sehe mich wieder in Australien und Südostasien. Von Trauminsel zu Trauminsel. Es gibt noch so viel zu entdecken.

In der Zwischenzeit hat mich Gabriel Emvula über meine Website kontaktiert. Der Freund, dessen Familienname mein Segelboot schmückt. Wir hatten seit meiner Kindheit keinen Kontakt mehr und ich fiel aus allen Wolken, als ich seine Mails bekam. Seitdem reift der Gedanke, dass ich Emvula “nach Hause” bringe und bis nach Namibia damit segle. Ein Besuch meiner dortigen Freunde wäre der krönende Abschluss meiner Reise.

Doch Schritt für Schritt. Wenn ich bislang eins gelernt habe: Der Satz “Nichts ist planbar” trifft beim Segeln und auf einem Boot ganz besonders zu. Immer ist irgendwas. Zwischenzeitlich will ja schließlich auch noch was erlebt werden. Langsam reisen ist besser um alles unter einen Hut zu bekommen.

Realität Geld

Außerdem wäre da ja noch das Thema Geld. Ich bin ein sparsamer Mensch und tue mich nicht schwer darin, mich einzuschränken und teilweise auch asketisch zu leben. Allerdings sind es immer wieder Bootsausgaben wie die Investition in ein hochseetaugliches Rigg oder neue Segel, die dann doch ordentlich zu Buche schlagen und ein tiefes Loch ins hart Ersparte reißen.

Ich werde wohl noch einmal eine größere Summe in die Hand nehmen (müssen), um in neue Wanten und Stagen zu investieren und diese bei einem professionellen Rigger an der Algarve anfertigen zu lassen. Dann sollte Emvula für alles gerüstet sein, was ich mir oben erträumt habe. Auch wenn die jetzigen Wanten vielleicht noch eine Weile halten würden, wird doch die Besorgung von Bootsteilen und das Auffinden von Experten immer weiter gen Süden schwieriger und schwieriger, sodass dies ein vernünftiger Zeitpunkt wäre.

Beschäftigt bin ich eigentlich rund um die Uhr. Ich habe Arbeit genug mit meinem Boot. Mein Kopf sprudelt zudem seit dem Einlegen einer längeren Pause in Leixões wieder wie erhofft vor Ideen und Dingen, die ich gerne lernen, wissen und ausprobieren möchte. Die Frage, wie ich an Bord meinen Lebensunterhalt verdienen kann, ist allerdings noch offen. Meine Ersparnisse werden sich im Laufe des Jahres dem Ende zuneigen. Am Aktienmarkt herrscht aufgrund des Corona Virus’ ein Crash, der meine letzten selbst erarbeiteten Ersparnisse langsam in den Keller bringt.

SY Emvula Bordkasse Screenshot Jetzt ein bisschen unterstützen und die SY Emvula Bordkasse klingeln lassen

Ich schaffe es, wie geschrieben, zwar meine Lebenshaltungskosten zu minimieren. Die Angst, dass weitere große Investitionen meine Bordkasse sprengen könnten, sitzt mir jedoch zugegebenermaßen im Nacken. Beispielsweise haben auf meinem letzten Törn nach Cascais meine Batterien schlapp gemacht. In der Nacht ist mir aufgefallen, dass mein Funkgerät/AIS nicht mehr ging. Ich musste kurzerhand den Motor starten, der trotz geringer Batteriespannung glücklicherweise noch ansprang. Aber das bedeutet dann z. B. wieder ein paar hundert Euro für neue Batterien.

Ein Anstellungsverhältnis möchte ich vermeiden. Selbstbestimmt leben und arbeiten ist das Ziel. Gepaart mit einem autarken, sparsamen und teilweise selbstversorgerischen Leben auf dem Boot und dabei reisen. Wenn jedoch alle Stricke reißen, werde ich wohl spätestens auf den Kanaren nach Arbeit suchen und für eine Weile dort bleiben “müssen”, bevor es wieder weiter geht. Mal schauen, wohin mich der Wind weht…